Spirituelle Selbstfindung in der Wüste

Hallo zusammen,
es ist zwar schon ein paar Tage her, aber hier kommt der nächste Bericht.
Diesmal geht es um unsere Wüstenetappe von Mhamid nach Foum-Zguid.
Nach einer weiteren Kontrolle an einem Militärposten ging es Querfeldein zur nächsten Piste in Richtung Tagounite. Aber Momentmal, wir kommen an der Piste an und es ist gar keine mehr!
Eine tip top neue Asphalt-Straße führt hier auf einmal entlang. Nach ein paar Wochen in Marokko endlich mal Zeit dieses Thema zu beleuchten.
Hier tut sich so richtig was. Seit unserem letzten Besuch im Jahr 2014 hat sich das komplette Straßenbild geändert. Hier fahren auf einmal fast nur noch neue Autos und LKWs herum.
Ab und an nochmal ein alter Bedford-Laster oder ein qualmender 123er Mercedes. Aber das sind absolute Ausnahmen. Die ganzen alten Busschen, alte Mercedes Limosinen etc sind alle nagelneuen Dacias, Toyotas oder Nissan Geländewagen gewichen.
Bei den LKWs setzt man vornehmlich auf Isuzu & Mitsubisi. Aber auch aktuelle IVECO, MAN, Scania und selten auch mal ein Mercedes sind hier unterwegs.
Es hat den Anschein als sei das komplette Land fahrzeugtechnisch komplett aktualisiert worden.
Dazu passend wird überall an der Infrastruktur gebaut. Es wird asphaltiert ohne Ende, unendliche Kabel und Rohre werden verlegt.
Das ganze Land ist im Aufbruch und die modernen sauberen Stadtbilder nehmen immer mehr zu. Wer nochmal Afrika erleben möchte, muss spätestens in einigen Jahren mindestens nach Mauretanien fahren, denn das typische Klischee-Afrika wird hier Jahr für Jahr weggeputzt.
Aber zurück nach Tagounite. Wir kommen in Richtung der Oasenstadt und folgen der tollen neuen Teerstraße. Diese verwandelt sich allerdings bald in ein enges Gässchen und führt durch die Palmenoase. Hier wird fleissig gewerkelt und wir fahren zwischen Traktoren, Mopeds und ab und an einem Eselkarren über den schmalen Weg. Ab und an geht es über schmale Betonüberführungen über die Bewässerungsgräben der Oase. Die Teile sind genauso breit wie die Spur von unserem Magirus. Also schön gerade anfahren und bloß gerade bleiben.
Damit es bei diesem engen Manöver nicht langweilig wird, wird die Spannung dadurch erhöht, dass die Betonbrückchen nur ungefähr 10cm dick sind und keine Tonnenbegrenzung angegeben ist.
Die Bewässerungskanäle sind zwar sehr schmal, aber einbrechen wollen wir nun doch nicht.
Aber alles geht gut und wir kommen zügig durch das Gewusel, das mittlerweile mit Schulkindern auf den Fahrrädern erweitert wurde.
Auf der Hauptstraße geht es nach Süden zur letzten Stadt (Mhamid) vor der großen Wüste, dem Erg Chegaga.
An Mhamid hatten wir von unserer letzten Reise nicht nur gute Erinnerungen. Die Menschen waren damals extrem aufdringlich und sorgten für eine sehr unangenehme Stimmung bei uns.
Händler und Guides sprangen auf die Straße, stellten sich vor unser Auto um uns zum Anhalten zu nötigen. Jeder wollte, dass wir gerade bei ihm übernachten oder ihn als Führer durch die Wüste buchen… Auf unserem Weg in die Wüste wurden wir damals sogar von Geländewagen verfolgt die uns ihre Dienste aufzwängen wollten. Damals war gerade Sandsturm und ich musste am Wüstenbeginn am Stadtende stehenbleiben und nach draussen um aus den Reifen Luft abzulassen.
Dieses mal nicht! Ungefähr 10 km vor Mhamid fuhren wir von der Straße ab und ungefähr 1 km ins Nirgendwo. Hier konnte ich in Ruhe die Luft auf ungefähr 40% des normalen Luftdrucks ablassen.
Wir haben diesmal alles geplant um einfach fix durch dieses Molloch aus geschäftstüchtigen Menschen durch zu kommen um direkt einige Kilometer in die Wüste hinaus zu fahren.
Doch was ist denn hier passiert? Wir kommen nach Mhamid und erkennen die Stadt kaum wieder. Moderne Hotelanlagen, Militärstützpunkte, sauberes Straßenbild. Alles sehr beeindruckend. Aber die Tatsache, dass die ganzen nervigen Schlepper auf einmal nicht mehr da waren, stattdessen freundliche Menschen auf der Straße unterwegs waren, hat uns wirklich extrem beeindruckt.
Wir wissen nicht ob das immer so ist oder ob wir diesmal durch den LKW vielleicht nicht in ihr Beuteschema passten, aber wir waren jedenfalls sehr froh und sind gut gelaunt in die nächste Wüstenetappe eingestiegen.
Nach einer ordentlichen Siesta um die brutale Mittagshitze zu überstehen, sind wir nach ein paar Stunden endlich an den größeren Dünen angekommen und haben einen tollen Nachtplatz gefunden.
Tagsüber knacken wir hier regelmäßig die 40° und die Sonne hat eine brachiale Kraft. Deshalb haben wir uns angewöhnt in den Mittagsstunden eine größere Pause zu machen.
Die brilliante Sternennacht war wieder der Hammer. Hier in der Wüste gibt es quasi keine Lichtverschmutzung. Dazu gibt es Nachts keinerlei Bewölkung.
Der Himmel ist so klar, dass man die unendlichen Weiten der Milchstraße sehen kann. Der ganze Himmel funkelt sternenklar.
Dazu kein Geräusch. Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Wenn Balou nicht mit draussen wäre, würden wir ihn schnarchen hören.
Am nächsten Tag sind wir dann aufgebrochen um zu den größten Dünen der Gegend zu fahren. Dort hatten wir dann eine sehr lustige Begegnung.
Wir haben schon von weitem eine kleine Karawane bestehend aus 2 Karamelen (Insider) und 3 Personen gesehen. Bisher war es ja sehr einsam hier.
Wir nähern uns den Leuten und irgendwie kommt mir die eine Person auch etwas komisch vor. Etwas schlachsig, sehr schmal und irgendwie komisch bekleidet. Es war eine Frau. Soweit zwar erstmal sehr ungewöhnlich aber noch ok.
Ich grüße die Karawane und sie grüßen zurück und auf einmal erkennt die Frau unser Kennzeichen und das wir ein Expeditionsmobil sind und dreht sich zu ihrem Mann um „Ne, also das glaube ich ja jetzt nicht?“.
Es waren deutsche Touristen die hier offensichtlich den spirituellen Selbstfindungstrip im Nomadencamp mit Karawanenwanderung durch die Wüste gebucht hatten. Hier am Ende der Welt kommen wir dann mit unserem Magirus, ebenfalls aus Deutschland so wie sie und unterbrechen ihre Selbstfindungsphase mit dem rhymtischen Poltern der 8 luftgekühlten Zylinder.
Im weiteren Verlauf unserer Strecke verstehen wir dann auch so langsam das Entsetzen der Touristen. Im ganzen Erg sind in regelmäßigen Abständen Nomadencamps eingerichtet. Die Leute werden in kleinen Geländewagen jeweils auf minimal anderen Strecken und zeitlich versetzt von der anderen Seite der Wüste her, über den großen Salzsee Lac Irici in ihr „eigenes“ Wüstencamp gefahren und denken sie sind komplett am Ende der Welt in der Einsamkeit. Wenn man allerdings die komplette Strecke entgegenkommt, sieht man immer wieder die einzelnen Camps und die Verteiler 4×4 Pickups die die Touristen ankarren. Aber wir finden das ganze eigentlich sehr angenehm. Die Marokkaner sind hier sehr geschäftstüchtig und schaffen die fast perfekte Illusion für die selbstfindungswilligen Touristen. Wir sind für die ganzen Geschäftstreibenden total uninteressant, da wir nicht in ihr Raster passen und ihre Kundschaft vermutich über das Reisebüro zu ihnen kommt.
So genießen wir ein paar Tage und ein paar Dünenfahrten bei diesem entspannten Wüstentrip. Einzig die Fahrt über den großen Salzsee, den Lac Irici, ist ein bisschen enttäuschend. Zwar ist der See im Moment trocken und wir können ihn befahren, jedoch ist er nicht so weiss wie gedacht. Das Salz ist zwar klar erkennbar an der flachen und spiegelnden Oberfläche, aber das Salz ist sehr mit Wüstenstaub und Sand vermischt.
Bis dann und Liebe Grüße
Nicole, Christian und Pisten-Balou

Lichtspiele

Bastelzeit. Wir wollen die Hängematte aufbauen, haben aber keinen Baum

hält 🙂

Wüstenbraut

Der UFS wird noch klappbar gemacht.
Seltsame Pflanze

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